von Schlaf und Tod, von Traum und Leben
Das meint Jugendbuch-Couch.de: "von Schlaf und Tod, von Traum und Leben"
Der Schlaf ist der kleine Bruder des Todes,
der Traum der kleine Bruder des Lebens
Stellen Sie sich vor, Sie schlafen!
So mancher wird am Morgen aufwachen und denken: Wieder eine Nacht rum! Der Eine wird aus Morphus´ Armen erfrischt aufwachen, der Andere gerädert. Mancher wird der festen Überzeugung sein, nicht geträumt zu haben. Viele ahnen, dass sie im Traumreich unterwegs waren, können sich aber an nichts erinnern.
Was aber wäre, wenn Sie eine ganz besondere Begabung hätten – eine Veranlagung, Dinge aus Ihrem Traum heraus wirklich werden zu lassen?
Dem 15-jährigen Leo Leonidas passiert genau dies. Eines Morgens findet man das Handy seiner Mutter im Inneren der gefrorenen Pute im Gefrierschrank wieder, dem Tresor seines Vaters entschlüpft ein erstickter Minidrache, und der Wetterhahn der örtlichen Kirche findet sich neben seinem Bett wieder. Mit Schlafwandeln hat das nichts mehr zu tun, so dass seine besorgten Eltern professionelle Hilfe suchen. Im Internat im württembergischen Salem, in der Nähe des Bodensees, hat der schwerreiche Mäzen Robert Zaki eine Schule aufgebaut, in der nicht nur Mathematik und Fremdsprachen, sondern auch das Träumen gelehrt wird. Hier soll der Junge seine Kräfte unter fachkundiger Aufsicht erkunden und in den Griff bekommen.
Kaum im Internat angekommen, beweist Leo, dass er ein Ausnahmetalent ist. In seinem Bett wird eine echte, lebende Meerjungfrau entdeckt.
Dass ihm die vermeintlich aus Irland stammende Schul-Schönheit im Traum begegnet und ihm weit mehr über die Hintergründe des Schulmäzens und dessen dunkle Pläne offenbart, erweist sich als Beginn eines spannenden Abenteuers.
Der allseits so angesehene Sponsor hat mit künstlichen Träumen, die den Schlafenden vorgaukeln, in aufregende Abenteuer verwickelt zu sein, Millionen verdient. Doch er hat nicht nur ein Vermögen gemacht, sondern der Welt auch, ohne dass die Menschen es überhaupt merkten, das Wichtigste genommen, was sie besitzt: ihre Träume. Mit Hilfe der gestohlenen Träume hat er sich zum despotischen Herrscher eines verborgenen Kontinents, Illúsion genannt, aufgeschwungen.
Doch der Verlust der Träume zeigt Wirkung. Mittlerweile ist der Irrwitz das Normalste auf der Welt. Mit schillernden Luftblasen und Luftschlössern hält Zaki seine Opfer bei Laune, damit diese den Raubbau an ihren Kräften nicht bemerken. Alles dreht sich immer schneller, niemand findet mehr Ruhe, hat Zeit in sich zu gehen. Es werden künstliche Bedürfnisse gestillt, die die Verführer uns erst ins Unterbewusstsein flüstern.
So beginnt ein verbissen geführter Kampf um das Schicksal der Welt – ein Kampf, der in und mit Träumen ausgetragen wird, ein Krieg um die Freiheit zu Träumen, um die Zukunft der Welt ...
Ralf Isaus Romane sind immer etwas Besonderes. Stilistisch sehr angenehm verweigert sich der Autor bewusst kurzlebigen Trends, untermauert seine Plots dafür immer mit einer wichtigen Botschaft. Immer wieder geht es dem gebürtigen Berliner dabei um Freiheit und Verantwortung, warnt er vor Gefahren, die aus oberflächlichen Modeerscheinungen und Trends herrühren, und setzt sich für Moral und Eigenverantwortung ein.
Auch vorliegend hat der Autor seine Message in eine packende Story einfließen lassen. Geschickt baut er dabei seine Handlung behutsam auf. Was zunächst als Streich eines Heranwachsenden aussieht, entpuppt sich als Manifestation besonderer Kräfte. Dass der Junge froh ist, Hilfe zu erhalten, ist gut nachvollziehbar.
Im Internat muss er sich dann zunächst in eine ihm fremde Umgebung einfinden. Er macht neue Bekanntschaften, trifft auf Neider und Verräter. Geschickt dreht der Autor dabei immer wieder Personen – baut sie als scheinbare Sympathieträger oder Antagonisten auf, nur um sie dann in Wirklichkeit ganz anders einzusetzen.
Hier geht es dem Autor darum, vor vorschnellen Urteilen zu warnen und darauf hinzuweisen, dass der erste Schein oftmals trügen kann.
Geschickt lässt er ein wenig dezente Romantik einfließen, lässt aber auch für Missverständnisse und Verletzlichkeiten seiner Figuren Raum. Das Leben ist eine ständige Prüfung, immer wieder muss man sich auf Neues einstellen, sich Menschen öffnen und dabei das Risiko eingehen, enttäuscht und verraten zu werden. Wer sich hier aber zurückzieht und sich einkapselt, wird nie positive Erlebnisse und wahre Freundschaft finden – eine der Botschaften, die den Roman durchziehen.
Weiter geht es mit der Warnung vor falschen Propheten. Nicht alles, was hip ist, ist wirklich toll. Oftmals kostet das blindwütige Hinterherlaufen der neuesten Modetrends einem das, was wirklich wichtig ist. Und was ist wichtiger als Zeit und Freunde? Und ist es nicht an uns, dafür den Raum zu schaffen?
Das sind Denkanstöße, die unauffällig in eine mitreißende Handlung verpackt auf den Leser warten – ein echter Isau eben.
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