wenn die Trauer das Leben dominiert
Das meint Jugendbuch-Couch.de: "wenn die Trauer das Leben dominiert"
[Jugendbuch des Monats - November 2011]
Lucca ist tot und hat Brooklyn und Nico zurückgelassen.
Brooklyn war seine Freundin, Nico sein Bruder, und beide kommen nicht darüber hinweg, dass Lucca bei einem Autounfall in der Silvesternacht ums Leben gekommen ist.
Am Steuer saß Luccas Freund Gabe, der zwar überlebt, aber es nicht geschafft hat, mit seiner Schuld und dem Verlust umzugehen. Er nimmt sich das Leben, was Brooklyn und Nico erneut zurückwirft und sie den Verlust von Lucca umso mehr spüren lässt.
Während Brooklyn versucht, ihre Trauer durch Briefe an Lucca zu verarbeiten, stürzt sich Nico vollkommen in sein Hobby Laufen.
Und plötzlich erhält Nico Anweisungen von Lucca. "Hilf Brooklyn!", verlangt sein toter Bruder von ihm, und behutsam beginnt Nico, eine Verbindung zu Brooklyn aufzubauen. Gemeinsam und vorsichtig beginnen sie, ihre Trauer zu verarbeiten, doch Brooklyn hält etwas vor Nico zurück, das ihr große Angst macht, über das sie aber nicht sprechen kann. Nico ist ratlos, gibt aber nicht auf, denn Lucca bedrängt ihn immer heftiger, ihr zu helfen.
"In Liebe, Brooklyn" fällt allein schon durch seine Gestaltung aus dem Rahmen. Das DIN A6 große Büchlein mit schimmerndem Cover und Lesebändchen ist ein wahrer Hingucker. Beim Durchblättern sieht man sofort, dass sich die Story aus kurzen Briefen und Episoden in Versform zusammensetzt.
Erzählt werden abwechselnd aus Brooklyns und Nicos Sicht die Ereignisse ab einem Jahr nach Luccas Tod.
Brooklyns erste Worte:
"Heute vor einem Jahr habe ich Lucca verloren, meinen Freund."
Nicos erste Worte:
"Heute vor einem Jahr habe ich Lucca verloren, meinen Bruder."
Durch wenige Worte vermittelt die Autorin Lisa Schroeder, wie gegenwärtig die Trauer um Lucca noch immer ist, dass weder Brooklyn noch Nico es bisher geschafft haben und schaffen konnten, den tragischen Verlust zu überwinden.
Das Leben ist stehengeblieben, Luccas Tod dominiert den Alltag.
Sechs Monate vor Luccas Tod ist bereits ein anderer Junge gestorben, und auch Gabe, der damals gefahren ist und überlebt hat, nimmt sich das Leben.
Der Tod schwebt über allem, drückt Nico und Brooklyn nieder und nimmt ihnen jede Lebensfreude.
Gerade durch die Versform bleibt es der Fantasie und dem Vorstellungsvermögen des Lesers überlassen, den Raum zwischen den wenigen Zeilen mit Emotionen zu füllen. Trauer, Verzweiflung, Angst und Schmerz begleiten Brooklyn und Nico auf Schritt und Tritt. Von außen betrachtet scheint bei beiden allerdings alles in Ordnung zu sein. Brooklyn meistert den Alltag, von ihren zunächst noch täglichen Briefen an Lucca ahnt niemand etwas. Und Nico steckt seine ganze Energie in sein Training.
Dass beides nicht gesund ist, wird zumindest dem Leser schnell klar, und wer weiß, wohin das alles noch geführt hätte, wenn Lucca nicht "zurückgekehrt" wäre und Nico den folgenschweren Befehl gegeben hätte: "Hilf Brooklyn!".
Lisa Schroeder beschränkt sich in den Episoden in Versform natürlich auf das Wichtigste: die Gefühle, die ausnahmslos dazu geeignet sind, die Tiefe und Tragik der Geschichte zu verdeutlichen. Begleitend entwickeln sich die Aktivitäten ihrer beiden Figuren meist ruhig und vorsichtig, großartige Action such man glücklicherweise vergeblich.
Natürlich kommt man das ein oder andere mal ins Seufzen, wenn Nico auf einen Anruf, bei dem Brooklyn kein Wort herausbringen konnte, übereilt losfährt, um für sie da zu sein. Doch eigentlich vergeht das schmerzlichschöne und bittersüße Gefühl beim Lesen keine Sekunde lang.
Natürlich fragt man sich von Seite zu Seite gespannter, wann Brooklyn es schafft, Nico von dem, was ihr solche Angst macht, zu berichten, und vor allem stellt man sich die Frage: Was genau steckt dahinter?
FAZIT
Es gibt wenige Bücher, die den Leser so intensiv in eine bestimmte Stimmung reißen, ihn dort halten, ganz sanft den Hoffnungsstrahl zu einem Happy End immer heller werden lassen und ihn schließlich ein wenig geläutert das Buch zuklappen lassen.
Lisa Schroeder legt mit "In Liebe, Brooklyn" genau diese Art von Buch vor. Trotz - oder gerade durch die gewählte Versform erzählt sie eine tiefgründige und hochemotionale Geschichte.
Ein kleines Schmuckstück, von außen, aber mehr noch - und das ist schließlich das Wichtige - von innen.
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