Fräulein Wanderfalke und ihre Schützlinge
Das meint Jugendbuch-Couch.de: "Fräulein Wanderfalke und ihre Schützlinge"
Jacob Portman und sein Großvater Abraham haben eine enge Beziehung, und Abraham erzählt seinem Enkel häufig Geschichten aus seiner Kindheit, einer Zeit, in der er und andere Kinder sich vor Monstern verstecken mussten. Jacob sieht sogar alte Fotos als Beweise. Jacobs Eltern erzählen ihm, die Monster seien Nazis gewesen.
Der polnische Jude Abraham wurde als Zwölfjähriger in ein Waisenhaus nach Wales geschickt, um vor den Nazis in Sicherheit zu sein. Das Heim stand unter Leitung einer Miss Alma LeFay Peregrine.
Nachdem Abraham auf grausame Weise ums Leben gekommen ist und Jacob eines der Monster im Wald hinter dem Haus seines Großvaters gesehen zu haben glaubt, beginnt Jacob eine Therapie bei dem Psychiater Dr. Golan. Mit dessen Zustimmung fahren Jacob und sein Vater zu der abgelegenen walisischen Insel Cairnholm Island, auf der das alte Waisenhaus steht. Jacob will herausfinden, was es mit den besonderen Kindern, den Monstern und einem seltsamen Vogel auf sich hat, von denen sein Großvater ihm so viel erzählt hat. Was Jacob auf der Insel erlebt, wird sein Leben für immer verändern.
Charaktere
Das Herz der Geschichte ist Jacob, ein einsamer und in Momenten lustiger Junge. Sein Besuch auf Cairnholm Island, der dazu dient, mehr über seinen geliebten Großvater zu erfahren, wird zu einer Reise in sein Inneres und macht die Geschichte auch zu einer über das Erwachsenwerden. Jacob ist 16 Jahre alt, hat keine Freunde, eine sehr reiche Mutter als Erbin einer landesweiten Drogeriekette und einen unsicheren Vater, der ein Tagträumer ist und gerne Vögel beobachtet.
Jacobs Eltern sind nur mit sich selbst beschäftigt, leben nebeneinander her, oder aneinander vorbei, und man wundert sich, warum sie sich nicht längst haben scheiden lassen, wo sie sich doch mindestens nichts mehr zu sagen haben.
Hingegen ist der Vater seines Vaters, der Großvater Abraham, lange Zeit der Lebensmittelpunkt Jacobs. Die Geschichten des Großvaters hält Jacob, später als Jugendlicher, für Märchen. Aber Jacob bewundert ihn und kümmert sich liebevoll um ihn, als Abraham langsam senil wird. Jacob ist verantwortlich dafür, dass seine Eltern Abraham nicht in ein Pflegeheim abgeben.
Jacobs Eltern haben etwas von Abziehbildern. Jacob und sein Großvater sind sehr gut entwickelte Charaktere. Die Figuren im walisischen Teil des Buches mögen die Leserinnen und Leser sich selbst erschließen, hier ist das Spoilerpotenzial zu groß. Aber soviel sei über sie gesagt: sie erinnern sehr an die Hauptfiguren aus den Filmserien "X-Men" und "Heroes".
Ein Vorher und ein Nachher
"Die Insel der besonderen Kinder” besteht aus zwei Teilen. Der erste Teil, im Roman das "Vorher" genannt, spielt in der Stadt und hat das Verhältnis eines Teenagers zur Erwachsenenwelt zum Inhalt. Dieser Teil des Romans ist im Grundton traurig, seine Geschehnisse entwickeln sich recht langsam und werden durch die Charaktere vorangebracht.
Im zweiten Teil, dem "Nachher", erfolgt ein Wechsel auf eine handlungsgetriebene Erzählung. Sie beginnt als Mystery-Geschichte, in der Jacob mehr über das Waisenhaus und die seltsamen Kinder erfährt. Die Frage, wer diese Kinder waren und was mit ihnen geschah, bestimmt den Rest des Romans und macht ihn zu einem spannenden Leseerlebnis. Als Jacob die Kindheitsfreunde Abrahams findet, ändert sich der Charakter der Erzählung noch einmal grundlegend.
Fremdartige Fotos
Das Buch enthält 43 Fotografien von seltsamen Kindern. In einer Übersicht am Ende belegt Ransom Riggs die Herkunft aller Fotos. Man bekommt den Eindruck, dass Riggs einen großen Teil der Geschichte um diese Fotos herum entwickelt hat. Die Bilder ergänzen den Text in hervorragender Weise. Er wird dadurch eindringlicher, weil sie die Atmosphäre verstärken.
FAZIT
Sieht man sich das Cover an und wirft einen Blick in das Buch, bekommt man schnell den Eindruck, "Die Insel der besonderen Kinder" sei ein Horrorroman. Aber dieser erste Eindruck legt sich beim Lesen. Der Charakter des Buchs und seine mögliche Einordnung in ein Genre ändern sich zwar mehrfach. Aber insgesamt ist der Roman atmosphärisch dichte Fantasy und weder makaber noch gruselig. "Die Insel der besonderen Kinder" ist ein interessantes Debüt mit einer originellen Story und einem offenen Ende.
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