Swamplandia

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Almut Oetjen
8101

Jugendbuch-Couch Rezension vonFeb 2012

Ein Mädchen in den Sümpfen Floridas

Das meint Jugendbuch-Couch.de: "Ein Mädchen in den Sümpfen Floridas"

Bis vor kurzem kamen mit einer Fähre täglich Touristen auf eine Insel vor der Südwestküste Floridas, um im Alligator-Themenpark Swamplandia Hilola Bigtree, die Mutter von Ava, Osceola und Kiwi, mit Alligatoren ringen zu sehen und den Reptilienlehrpfad zu besuchen.
Aber Hilola ist an ihrer Krebserkrankung gestorben, und ein großer moderner Konkurrenzpark, die Welt der Finsternis, hat auf dem Festland eröffnet. Die Touristen bleiben aus, Swamplandia steht vor dem Ruin.

Die Familie droht daran zugrunde zu gehen.
Die sechzehnjährige Osceola, genannt Ossie, liest das Buch "Der spiritistische Telegraph", führt Séancen durch und will einen Geist heiraten.
Ihr siebzehnjähriger Bruder Kiwi verlässt die Insel, um Geld für die Rettung von Swamplandia zu beschaffen. Er arbeitet als Reinigungskraft im Konkurrenzpark.
Vater Samuel, Chief Bigtree, der oft Federn als Kopfschmuck trägt und vorgibt, die Familie habe indianische Wurzeln, verschwindet auf einem Trip zum Festland.
Grandpa Sawtooth lebt in der Seniorenresidenz Seeblick.
Die dreizehnjährige Ava ist auf sich alleine gestellt.
Als Ossie verschwindet, begibt sich Ava auf die Suche nach ihr. Begleitet wird sie von dem dubiosen Vogelmann, der sie zum Tor der Unterwelt bringen will, dorthin, wo Ossie ihren Bräutigam treffen will.

Karen Russels Romandebüt

Russel hat ihre Kurzgeschichte "Ava ringt mit dem Alligator" aus dem Erzählungsband "Schlafanstalt für Traumgestörte" zu einem knapp 500 Seiten starken Roman erweitert. Sie vermischt in "Swamplandia" Stimmungen: mal ist er eine sentimentale Geschichte über das Erwachsenwerden, mal eine ironische bis satirische Familiengeschichte, dann eine gothische Geistergeschichte, in der die Sümpfe verwunschen sind.

Mit dem Tod der Mutter beginnt Avas Welt auseinander zu fallen. Ava hat ihr ganzes Leben auf der Insel verbracht, sogar von den Touristen isoliert, die täglich zu den Vorstellungen kamen. Als der Vater und der Bruder die Insel verlassen und die Mädchen allein zurückbleiben, zerfällt damit auch der einheitliche Handlungsort.

Als letztes Familienmitglied verlässt Ava Swamplandia, weil sie Ossie retten will, die sich in den Wahnsinn verabschiedet hat. Als der Vogelmann auf der Insel auftaucht und auf ihrer Suche zu Avas Begleiter wird, die einer klassischen Quest ähnelt, entwickelt sich die Erzählung zu einer Horrorgeschichte.
Der Horroraspekt äußert sich auch in Bezeichnungen: Das Konkurrenzunternehmen heißt Carpathian, der Vergnügungspark Welt der Finsternis.

Reisen in die Unterwelt

Russell erzählt eine interessante Familiengeschichte, in die sie viele kleine Dinge einbettet, die noch interessanter sind.
Die Familie bildet einen eigenen kleinen Kosmos, die einzigen dauerhaft auf der Insel lebenden Menschen. Sie hat sogar eine eigene Entstehungsgeschichte konstruiert. Es gibt ein Museum, in dem Ausstellungsstücke zur Historie der Familie besichtigt werden können, zum Beispiel das Hochzeitskleid der Mutter, oder auch ausgestopfte Alligatoren, gegen die der Großvater bereits gekämpft hat, der Gründer von Swamplandia.

Kiwi begibt sich in die Unterwelt, als er einen Job im Konkurrenzpark Welt der Finsternis annimmt, Ava wird vom Vogelmann mit einem Kanu auf dem Caloosahatchee River in eine andere Unterwelt entführt.

Ava ist die Erzählerin dieser oft traurigen und düsteren Familiengeschichte. Ab und zu gönnt Russell ihr eine Pause und lässt einen Erzähler in der dritten Person berichten, wie es Kiwi auf dem Festland ergeht. Diese Szenen sind zumeist leicht im Ton und gelegentlich recht komisch. Aber sobald wir zur Erzählung Avas zurückkehren, wird die Stimmung düster, dies zunehmend. Es geschehen einige schlimme Dinge, bis alles in einen verhalten hoffnungsvollen Schluss überführt wird. Russell erzählt ihre Geschichte so, dass sie nicht rührselig wird, obgleich sie dazu das inhaltliche Potenzial hat. Ein schöner Roman für ältere Jugendliche.

Swamplandia

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