Die Teufelin und der Engel
Das meint Jugendbuch-Couch.de: "Die Teufelin und der Engel"
Kennst Du die Hölle? Ja, ich meine die mit dem Teufel, Beelzebub, der ewigen Marter für die Sünder und so! Aus der Bibel ist uns das Reich des gefallenen Engels ein Begriff. Dass aber Lilith, immerhin die erste Frau an Adams Seite, dort auch ihr Heim hat, dass ihre Kinder, zum Teil mit dem Teufel selbst gezeugt, dort leben, dürfte auch für Dich neu sein.
Gestatten, dass ich vorstelle? Daphne, Tochter von Luzifer und Lilith, und vom Wesen her so gar nicht teuflisch. Eigentlich ist sie eher von nettem, mitfühlenden Wesen. Als ihr Bruder Obie auf der Erde nahe Chicago verschwindet, ist sie nur zu gern bereit, im Auftrag ihrer Mutter nach Obie zu suchen.
Dass ausgerechnet ein depressiver menschlicher Jugendlicher die einzige Spur zu Obie darstellt, macht ihr die Aufgabe nicht eben leichter.
Truman ist, seitdem seine Mutter gestorben ist, schwer depressiv. Einen Selbstmordversuch hat er schon hinter sich, seine wirren, angsteinflößenden Träume versucht er, mit Koffein, Nikotin und Alkohol zu vergessen. Zusammen machen sie sich, nicht ganz freiwillig, auf die Suche nach Obie - und stoßen auf Obies Tochter, Azrael, Gottes Engel für die Jagd auf die Dämonen, und dessen Handlangerin Dark Dreadful.
Aufrüttelndes Bild eines selbstzerstörerischen Jugendlichen
Einmal mehr ein Roman um Engel und Dämonen, manches Mal auch Teufel genannt, dachte ich mir, als ich die Geschichte um die Ich-Erzählerin Daphne begann.
Schon der Auftakt aber, in der Hölle spielend, wies mich darauf hin, dass Yovanoff bemüht ist, eigene Wege zu gehen. Natürlich reiht sich der Roman in das breite Angebot der Romantic Fantasy ein. Es geht um junge Menschen voller Gefühle, um dramatische Ereignisse, um Not und Angst, aber auch um Heldentum und Verantwortung.
Geschickt baut die Autorin all dies in ihre Handlung ein, geht dabei, insbesondere was die Darstellung der Engel und Dämonen anbelangt, ganz eigene Wege.
Gerade Azrael als Sendbote und Racheengel Gottes ist beileibe keine helle Lichtgestalt, sondern nimmt eher die Rolle des mitleidlosen Jägers ein.
Wo ist da das mitfühlende Wesen, als das uns Engel gemeinhin vorgestellt werden? Wesen, deren Aufgabe es ist, die Menschen vor dem Bösen zu schützen? Das Böse wird dabei gemeinhin als aggressiv, gewaltbereit, zynisch, diabolisch und sadistisch beschrieben. Doch wo, fragt man sich, ist hier der Unterschied zu Azrael?
Er, und ich wiederhole mich hier gern, ist eigentlich einer der Guten, aber schlimmer als alles, was die Hölle auf die Menschen loslässt. Mitleidlos foltert er seine Opfer, lässt mit Dark Dreadful eine Serienkillerin der abartigen Sorte auf seine Opfer los.
Nun könnte man zurecht anführen, dass es sich bei den Opfern in aller Regel um Gesandte Luzifers handelt, dass sie per se ihr Schicksal verdient hätten. Nur, dass die Abgesandten der Unterwelt eben nicht so eindeutig böse gezeichnet werden. Statt dessen sind sie auch verantwortungsbewusst Handelnde, die sich um ihre Verwandten sorgen, sich opfern. Hier spielt die Autorin geschickt mit der Erwartungshaltung des Lesers, hinterfragt die eingefahrenen Überzeugungen und sorgt so für frischen Wind.
Dabei gelingt es ihr insbesondere bei Truman, ein erschreckend real und auch in Einzelheiten überzeugendes Bild eines Jugendlichen zu zeichnen, der sich selbst aufgegeben hat.
Hilflos muss seine Umwelt mit ansehen, wie er sich systematisch zugrunde richtet, weil er das Wichtigste verloren hat, was den Menschen ausmacht: Selbstachtung und Hoffnung.
Getrieben und heimgesucht von seinen Träumen, die er, ohne hier zu viel verraten zu wollen, auch seinem Vater verdankt, und von der inneren Leere, die er weder allein noch mit Hilfe der Menschen um ihn herum, die sich um ihn sorgen, zu füllen vermag, sucht er Ablenkung und flüchtet sich in Drogen und Koffein. Er weiß, dass er sich zugrunde richtet und dass er aus der Teufelsspirale nicht mehr herauskommt, kann jedoch die angebotene Hilfe nicht annehmen, weil er sich selbst schon aufgegeben hat. Das ist erschreckend intensiv und real, zeigt deutlich die Hilflosigkeit derer, die außen stehen, helfen wollen und doch nicht können.
Das, und wie er es dann doch noch schafft, berichtet der Roman.
FAZIT
Für mich war die intensive Zeichnung von Trumans geplagter Seele das eigentliche Highlight des Buches, das mich erschreckt hat, das mich nachdenklich werden ließ und das mich aufrüttelt, nicht einfach danebenzustehen, sondern rechtzeitig, so lange es noch möglich ist, die helfende Hand auszustrecken.
Ein wohltuend anderer Engel und Teufel-Roman mit Tiefgang, Spannung und interessanten Gestalten.
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